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MARX / ARBEIT / CD / 2004

Label-Info von Felix Klopotek:

GROB 657

ARBEIT– MARX

Welcher musikalischer Ausdruck passt eigentlich zur Arbeiterklasse? 15 Jahre nach
der endgültigen Diskreditierung des Staatssozialismus und in Zeiten, die –
zumindest im noch-reichen Nordwesten – vom kulturindustrieller
Brot-und-Spiele-Komplex und der fortschreitenden Deregulierung des Arbeitsmarktes
geprägt sind?

Oder präziser gefragt – welche Form müsste denn das großartige und so
traditionsreiche Liedgut der deutschen Arbeiterbewegung, wie es z.B. von Hanns
Eisler, dem Komponisten, Bert Brecht, dem Dichter, und Ernst Busch, dem
Schauspieler und Sänger, erschaffen wurde, annehmen, um auch die heutige, viel
eher von Zerfall und Resignation geprägte Stimmung innerhalb der Arbeiterbewegung
(die in Wirklichkeit eine gewerkschaftsbürokratische Stellvertreterbewegung ist)
zu kommentieren?

ARBEIT, die Frankfurter Gruppe um Marcel Daemgen, Oliver Augst und Christoph
Korn (letztere auch bei Blank aktiv, siehe GROB 538 und ganz aktuell: GROB 653),
haben vor knapp zwei Jahren im Rahmen einer Auftragsarbeit des Deutschlandradios
sich diesen Fragen gestellt: Was ist an den Fragestellungen der revolutionären
Arbeiterbewegung und ihrer ästhetischen Vermittlung unabgegolten? Was hat sich
nicht im Laufe der Zeit, in den zermürbenden Strategie- und
Parteiaufbaudiskussionen verschlissen? Was steht für einen utopisch-kritischen
Gehalt, der über das historische Material hinausweist, es – in allen drei
Wortbedeutungen – aufhebt?

Daemgen, Augst, Korn und ihre Gäste gehen mit dem Material nicht zimperlich um,
sondern setzen auf die nötige Radikalität. Ihre Musik ist mitunter brachial,
lärmig, nervenzerrend und grell, oder das genaue Gegenteil davon: nahezu unhörbar
leise. »Die Internationale« erklingt als Technohymne, »Auf, auf zum Kampf« wird
erschaudert durch einen apokalyptischen Grundton, Frantz Fanon wird zitiert und
Tony Cliff, ein kommunistischer Dissident. Es geht um den (vergeblichen) Aufbau
eines besseren Deutschlands, der DDR und um die (heimlichen) Selbstzweifel in all
dem Aufbaupathos. Die Band bedient sich ihrer musikalischen Mittel frei und
souverän. Sie kennen die Improvisation, den harten Rock, die Neue Musik und den
Frankfurter Techno der Großraumdiskos. Aber niemals kippt diese Freiheit ins
Beliebige. MARX ist harte, aber immer auch lustvolle Arbeit (sic!) am Material.

Die CD heißt MARX – und sie erinnert darin nicht an den Zeitgenossen Marx, der mit den
Arbeiterdichtern in seiner Umgebung, von Herwegh bis Freiligrath, wenig anfangen konnte,
allenfalls Heine und den früh verstorbenen Georg Weerth schätze und ansonsten den
royalistischen, aber sehr klaren und hellsichtigen Balzac verehrte. Nein, bei MARX geht es nicht
um die Rekonstruktion einer historischen Figur. Es geht um die Bewahrung, oder besser: die
Neugewinnung einer ebenso reflektierten und unbestechlichen Radikalität, für die Marx und seine
Kritik der politischen Ökonomie exemplarisch stehen.



CD Information / Titel
Booklet-Text
Label-Info von Felix Klopotek
Arbeit an Marx - Feature Deutschlandfunk
ARBEIT, Marx - Feature Radio Z, Nürnberg
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