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HUGO BALL BREVIER / 2016

Oliver Augst / Reto Friedmann
Sprach- und Gesangsperformance

Konzept

HUGO BALL BREVIER

Bühnen- und Hörspiel von Oliver Augst und Reto Friedmann 

Ausgangslage
Hugo Balls Erfahrung mit dem Schrecken des Ersten Weltkriegs treibt ihn an, eine philosophisch-religiöse Grundlage als Alternative zur ‚barbarischen’ und ‚maschinengläubigen’ Gesellschaft zu finden. Der militarisierten Gesellschaft tritt er mit dem Dadaismus entgegen, wählt den Anarchismus als Alternative zur Herrschaft des Kapitals und findet im Katholizismus eine Grundlage zur moralischen Erneuerung.
 
Diese Verbindung von Dadaismus, Anarchismus und Katholizismus wollen seine Zeitgenossen nicht nachvollziehen. Seine dadaistischen Freunde halten Balls religiöse Veränderung für einen Abweg und versuchen ihn davon abzubringen, den anarchistischen Mitstreitern ist Balls Katholizismus suspekt und die katholischen Exponenten seiner Zeit reiben sich ab dem christlichen Querschläger verwundert die Augen.

Diesem Unverständnis gegenüber seiner Biografie wirkt Hugo Ball entgegen, indem er sein Tagebuch ‚Die Flucht aus der Zeit‘ rückwirkend überarbeitet und veröffentlicht, um so eine Stringenz seines Denkens aufzuzeigen. Aber erst die jüngere Ballforschung übernimmt eine solche integrierende Gesamtsicht auf die Person Hugo Ball.

Im Jahr 2016 jährt sich die Gründung des Dadaismus zum hundertsten Mal. Aus diesem Anlass wird es in Zürich und andernorts zahlreiche Veranstaltungen und Ausstellungen geben. Als Gründer des Cabaret Voltaire, Mitbegründer der Galerie Dada und Erfinder des Lautgedichts wird Hugo Ball im Mittelpunkt dieser Ausstellungen und Aufführungen stehen.

Ansatz
Bei Balls dadaistischer Phase handelt es sich um einen Lebens- und Schaffensabschnitt von kaum einem Jahr. Diesem Umstand will die Produktion ‚Von Ball zu Ball‘ Rechnung tragen, indem sie den Dadaisten-Ball, den Anarchisten-Ball und den Katholiken-Ball in einem Spiel zu Hugo Ball zusammenfügt. Der Ball springt im Bühnen- und im Hörspiel von Ball zu Ball, als Ergebnis entsteht eine Sichtweise auf Balls Biografie, die den Dadaisten, den Anarchisten und den Katholiken zu einem neuen Ganzen verschmilzt.

Augst und Friedmann greifen dafür auf langjährige Zusammenarbeit zurück.


Das Bühnenspiel
In Anlehnung an die Aufführung des Lautgedichts vom 26. Juni 1916 im Cabaret Voltaire stehen Oliver Augst und Reto Friedmann mit je drei Notenständern vor sich auf der Bühne. Die drei Notenständer beziehen sich jeweils auf den Dadaisten, den Anarchisten und den Katholiken.
Personen:
Der Dadaist, der Anarchist, der Katholik

Textformen:
Zitate, Paraphrasen, Verdichtungen, Zuordnungen, Listen von Namen und Stichworten.
Um Hugo Balls Haltung als Dadaist, Anarchist und Katholik gegenüber der entfesselten Kriegsrethorik seiner Zeit verstehen zu lernen, lohnt sich ein Blick auf sein weitläufiges Beziehungsnetz zu Künstlern, Literaten, Verlegern, Philosophen, Journalisten, Geistlichen, Freunden, Verwandten und Nachbarn. In Tagebuchnotizen, Briefen, Artikeln, politischen Schriften, aber auch in biografischer Literatur seiner Ehefrau Emmy Hennings und in Beiträgen Hermann Hesses kommt ein Hugo Ball zum Ausdruck, der in unermüdlichem Austausch mit Zeitgenossen nach Antworten auf die grossen Fragen seiner Zeit sucht und zur Heilung der ‚Zeitkrankheit’ beizutragen versucht. Dieses Beziehungsnetz und die darin eingelagerten Diskurse, Gedanken, Freuden und Enttäuschungen verdichten sich im Hörspiel zu neuen Texten über Hugo Ball, welche sich zusammen mit den literarischen Fundstücken zu einer ‚Flucht zum Grunde’ einer komplexen Persönlichkeit aufmachen.
Eine textliche Verdichtung fokussiert beispielsweise Balls anfängliche Begeisterung für Marinettis Futurismus und dessen Deutung des Krieges als futuristisches Gesamtkunstwerk, aber auch seine baldige Abwendung von der Maschinengläubigkeit’ und Schöpfung einer dadaistischen Dichtung gegen den Krieg nach der Erfahrung des Todes mit dem an den Folgen des Kriegsdienstes verstorbenen engen Dichterfreundes Hans Leybold.
Weitere Verdichtungen sind zu neuralgischen Themen und Stationen im Leben von Hugo Ball vorgesehen, wie beispielsweise zur Anarchie, die er wie sein Freund Wassily Kandinsky als ein Handeln aus innerer Notwendigkeit versteht oder auch zu Balls patristisch geprägter Rekonversion zum Glauben.

Musik:
Klangliches Sprechen, Gesang
Als Reminiszenz auf Balls Lautdichtung beschränkt sich die Musik des Hörspiels auf klangliches Sprechen und Gesang.
Speziell die früheren Texte Balls auferlegen keine formale Disposition, sondern fordern ein bewegliches und wendiges Gestaltungsverfahren. Ein solches stellt die gelenkte Improvisation dar, welche die Spontaneität und Entscheidungsfreiheit nicht nur zulässt, sondern fordert. Auf diese Weise können die launischen, sprunghaften, lautmalerischen, polemischen, wortgewaltigen und geheimnisvollen Eigenschaften von Balls Texten reflexiv aufgegriffen und manifestiert werden. Eine klare Diktion und eine deutliche Ausformulierung betonen das Persönliche, ja oft auch Eigensinnige Ballscher Texte. Nur selten streifen Grenzbereiche des Singens, wie des Flüsterns und Schreiens das Gesprochene, um einer Passage Nachdruck zu verleihen. Auf Drama, Pathos, humorvolle Übersteigerung und Wertung wird bewusst verzichtet. Geschaffen wird ein fragmentarischer, schlichter, mit Textpartikeln verzahnter, verwobener oder auch parallelisierter Liederzyklus’. Ein Nachsinnen in Tönen.

Sprecher und Sänger:
Oliver Augst, Reto Friedmann
Hugo Ball lebte während des Ersten Weltkriegs als deutscher Migrant in der Schweiz und verlegte nach dem Krieg seinen Lebensmittelpunkt dorthin. Mit dem Zusammenkommen von Oliver Augst (Frankfurt am Main) und Reto Friedmann (Zürich/Schaffhausen) für dieses Projekt nehmen die Künstler bewusst Bezug auf die beiden Wurzeln von Hugo Ball.

Ablauf:
Anfangs sprechen der Dadaist, der Anarchist und der Katholik einander widersprechend oder ignorierend. Im Laufe des Hörspiels betonen sie zunehmend wichtige Stichworte und Satzfragmente gemeinsam, indem sie diese im Chor wiederholen oder in der Form eines gesprochenen oder gesungenen Refrains die Aussage des Anderen bestätigen.

Kurzinfo
Konzept
Programm
Presse
Foto
Film


 

 

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