1 Gute Nacht
Fremd bin ich eingezogen,
Fremd zieh ich wieder aus.
Der Mai war mir gewogen
Mit manchem Blumenstrauß.
Das Mädchen sprach von Liebe,
Die Mutter gar von Eh‘ –
Nun ist die Welt so trübe,
Der Weg gehüllt in Schnee.
Ich kann zu meiner Reisen
Nicht wählen mit der Zeit:
Muss selbst den Weg mir weisen
In dieser Dunkelheit.
Es zieht ein Mondenschatten
Als mein Gefährte mit,
Und auf den weißen Matten
Such ich des Wildes Tritt.
Was soll ich länger weilen,
Bis man mich trieb‘ hinaus?
Lass irre Hunde heulen
Vor ihres Herren Haus!
Die Liebe liebt das Wandern, –
Gott hat sie so gemacht –
Von einem zu dem andern –
Oh Liebste, Gute Nacht!
Will dich im Traum nicht stören,
Wär schad um deine Ruh,
Sollst meinen Tritt nicht hören –
Sacht, sacht die Türe zu!
Schreib im Vorübergehen
Ans Tor dir „Gute Nacht”,
Damit du mögest sehen,
An dich hab ich gedacht.
Bearbeitung / Arrangement: Marcel Daemgen
Gitarre: Alexandre Bellenger
2 Gefror‘ne Tränen
Gefror‘ne Tropfen fallen
Von meinen Wangen ab:
Ob es mir denn entgangen,
Dass ich geweinet hab?
O Tränen, meine Tränen,
Und seid ihr gar so lau,
Dass ihr erstarrt zu Eise,
Wie kühler Morgentau?
Und dringt doch aus der Quelle
Der Brust so glühend heiß,
Als wolltet ihr zerschmelzen
Des ganzen Winters Eis.
Bearbeitung / Arrangement: Marcel Daemgen
3 Erstarrung
Ich such im Schnee vergebens
Nach ihrer Tritte Spur,
Wo sie an meinem Arme
Durchstrich die grüne Flur.
Ich will den Boden küssen,
Durchdringen Eis und Schnee
Mit meinen heißen Tränen,
Bis ich die Erde seh.
Wo find ich eine Blüte,
Wo find ich grünes Gras?
Die Blumen sind erstorben,
Der Rasen sieht so blass.
Soll denn kein Angedenken
Ich nehmen mit von hier?
Wenn meine Schmerzen schweigen,
Wer sagt mir dann von ihr?
Mein Herz ist wie erstorben,
Kalt starrt ihr Bild darin:
Schmilzt je das Herz mir wieder,
Fließt auch ihr Bild dahin.
Bearbeitung / Arrangement: Oliver Augst
4 Wasserflut
Manche Träne aus meinen Augen
Ist gefallen in den Schnee;
Seine kalten Flocken saugen
Durstig ein das heiße Weh.
Wenn die Gräser sprossen wollen,
Weht daher ein lauer Wind,
Und das Eis zerspringt in Schollen,
Und der weiche Schnee zerrinnt.
Schnee, du weißt von meinem Sehnen:
Sag, wohin doch geht dein Lauf?
Folge nach nur meinen Tränen,
Nimmt dich bald das Bächlein auf.
Wirst mit ihm die Stadt durchziehen,
Muntre Straßen ein und aus:
Fühlst du meine Tränen glühen,
Da ist meiner Liebsten Haus.
Bearbeitung / Arrangement: Marcel Daemgen
Gitarre: Alexandre Bellenger
5 Auf dem Flusse
Der du so lustig rauschtest,
Du heller, wilder Fluss,
Wie still bist du geworden,
Gibst keinen Scheidegruß.
Mit harter, starrer Rinde
Hast du dich überdeckt,
Liegst kalt und unbeweglich
Im Sande ausgestreckt.
In deine Decke grab ich
Mit einem spitzen Stein
Den Namen meiner Liebsten
Und Stund und Tag hinein:
Den Tag des ersten Grußes,
Den Tag, an dem ich ging,
Um Nam und Zahlen windet
Sich ein zerbrochner Ring.
Mein Herz, in diesem Bache
Erkennst du nun dein Bild?
Ob‘s unter seiner Rinde
Wohl auch so reißend schwillt?
Bearbeitung / Arrangement: Marcel Daemgen
Gitarre und Turntables: Alexandre Bellenger
6 Rückblick
Es brennt mir unter beiden Sohlen,
Tret ich auch schon auf Eis und Schnee.
Ich möcht nicht wieder Atem holen,
Bis ich nicht mehr die Türme seh.
Hab mich an jedem Stein gestoßen,
So eilt ich zu der Stadt hinaus;
Die Krähen warfen Bäll und schissen
Auf meinen Hut von jedem Haus.
Wie anders hast du mich empfangen,
Du Stadt der Unbeständigkeit!
An deinen blanken Fenstern sangen
Die Lerch und Nachtigall im Streit.
Die runden Lindenbäume blühten,
Die klaren Rinnen rauschten hell,
Und ach, zwei Mädchenaugen glühten! –
Da war‘s geschehn um dich, Gesell!
Kommt mir der Tag in die Gedanken,
Möcht ich noch einmal rückwärts sehn.
Möcht ich zurücke wieder wanken,
Vor ihrem Hause stille stehn.
Bearbeitung / Arrangement: Oliver Augst
Instrumentierung: Marcel Daemgen
7 Die Krähe
Eine Krähe war mit mir
Aus der Stadt gezogen,
Ist bis heute für und für
Um mein Haupt geflogen.
Krähe, wunderliches Tier,
Willst mich nicht verlassen?
Meinst wohl bald als Beute hier
Meinen Leib zu fassen?
Nun, es wird nicht weit mehr gehn
An dem Wanderstabe.
Krähe, lass mich endlich sehn
Treue bis zum Grabe!
Bearbeitung / Arrangement: Oliver Augst
Gitarre: Alexandre Bellenger
8 Letzte Hoffnung
Hier und da ist an den Bäumen
Manches bunte Blatt zu sehn,
Und ich bleibe vor den Bäumen
Oftmals in Gedanken stehn.
Schaue nach dem einen Blatte,
Hänge meine Hoffnung dran;
Spielt der Wind mit meinem Blatte,
Zittr‘ ich, was ich zittern kann.
Ach, und fällt das Blatt zu Boden,
Fällt mit ihm die Hoffnung ab,
Fall ich selber mit zu Boden,
Wein‘ auf meiner Hoffnung Grab.
Bearbeitung / Arrangement: Oliver Augst
Instrumentierung: Marcel Daemgen
9 Im Dorfe
Es bellen die Hunde, es rasseln die Ketten.
Es schlafen die Menschen in ihren Betten,
Träumen sich manches, was sie nicht haben,
Tun sich im Guten und Argen erlaben:
Und morgen früh ist alles zerflossen. –
Je nun, sie haben ihr Teil genossen,
Und hoffen, was sie noch übrig ließen,
Doch wieder zu finden auf ihren Kissen.
Bellt mich nur fort, ihr wachen Hunde,
Lasst mich nicht ruhn in der Schlummerstunde!
Ich bin zu Ende mit allen Träumen –
Was will ich unter den Schläfern säumen?
Bearbeitung / Arrangement: Oliver Augst
Gitarre: Alexandre Bellenger
10 Der stürmische Morgen
Wie hat der Sturm zerrissen
Des Himmels graues Kleid!
Die Wolkenfetzen flattern
Umher in mattem Streit.
Und rote Feuerflammen
Ziehn zwischen ihnen hin.
Das nenn ich einen Morgen
So recht nach meinem Sinn!
Mein Herz sieht an dem Himmel
Gemalt sein eignes Bild –
Es ist nichts als der Winter,
Der Winter kalt und wild!
Bearbeitung / Arrangement: Oliver Augst
Gitarre: Alexandre Bellenger
11 Der Wegweiser
Was vermeid ich denn die Wege,
Wo die andren Wandrer gehn,
Suche mir versteckte Stege
Durch verschneite Felsenhöhn?
Habe ja doch nichts begangen,
Dass ich Menschen sollte scheun –
Welch ein törichtes Verlangen
Treibt mich in die Wüstenein?
Weiser stehen auf den Straßen,
Weisen auf die Städte zu,
Und ich wandre sonder Maßen,
Ohne Ruh, und suche Ruh.
Einen Weiser seh ich stehen
Unverrückt vor meinem Blick;
Eine Straße muss ich gehen,
Die noch keiner ging zurück.
Bearbeitung / Arrangement: Oliver Augst
Gitarre: Alexandre Bellenger
12 Das Wirtshaus
Auf einen Totenacker
Hat mich mein Weg gebracht.
Hier will ich einkehren:
Hab ich bei mir gedacht.
Ihr grünen Totenkränze
Könnt wohl die Zeichen sein,
Die müde Wandrer laden
Ins kühle Wirtshaus ein.
Sind denn in diesem Hause
Die Kammern all besetzt?
Bin matt zum Niedersinken
Bin tödlich schwer verletzt.
O unbarmherz‘ge Schenke,
Doch weisest du mich ab?
Nun weiter denn, nur weiter,
Mein treuer Wanderstab!
Bearbeitung / Arrangement: Oliver Augst
Instrumentierung: Marcel Daemgen
13 Irrlicht
In die tiefsten Felsengründe
Lockte mich ein Irrlicht hin:
Wie ich einen Ausgang finde,
Liegt nicht schwer mir in dem Sinn.
Bin gewohnt das irre Gehen,
‘s führt ja jeder Weg zum Ziel:
Unsre Freuden, unsre Leiden,
Alles eines Irrlichts Spiel!
Durch des Bergstroms trockne Rinnen
Wind ich ruhig mich hinab –
Jeder Strom wird‘s Meer gewinnen,
Jedes Leiden auch sein Grab.
Bearbeitung / Arrangement: Marcel Daemgen
Gitarre und Turntables: Alexandre Bellenger
14 Rast
Nun merk ich erst, wie müd ich bin,
Da ich zur Ruh mich lege;
Das Wandern hielt mich munter hin
Auf unwirtbarem Wege.
Die Füße fragten nicht nach Rast,
Es war zu kalt zum Stehen,
Der Rücken fühlte keine Last,
Der Sturm half fort mich wehen.
In eines Köhlers engem Haus
Hab Obdach ich gefunden;
Doch meine Glieder ruhn nicht aus:
So brennen ihre Wunden.
Auch du, mein Herz, im Kampf und Sturm
So wild und so verwegen,
Fühlst in der Still erst deinen Wurm
Mit heißem Stich sich regen!
Bearbeitung / Arrangement: Marcel Daemgen
Turntables: Alexandre Bellenger
15 Die Nebensonnen
Drei Sonnen sah ich am Himmel stehn,
Hab lang und fest sie angesehn;
Und sie auch standen da so stier,
Als wollten sie nicht weg von mir.
Ach, meine Sonnen seid ihr nicht!
Schaut andren doch ins Angesicht!
Ja, neulich hatt ich auch wohl drei:
Nun sind hinab die besten zwei.
Ging‘ nur die dritt erst hintendrein!
Im Dunkel wird mir wohler sein.
Bearbeitung / Arrangement: Marcel Daemgen
Turntables: Alexandre Bellenger
16 Frühlingstraum
Ich träumte von bunten Blumen,
So wie sie wohl blühn im Mai,
Ich träumte von grünen Wiesen,
Von lustigem Vogelgeschrei.
Und als die Hähne krähten,
Da ward mein Auge wach;
Da war es kalt und finster,
Es schrien die Raben vom Dach.
Doch an den Fensterscheiben
Wer malte die Blätter da?
Ihr lacht wohl über den Träumer,
Der Blumen im Winter sah?
Ich träumte von Lieb um Liebe,
Von einer schönen Maid,
Von Herzen und von Küssen,
Von Wonne und Seligkeit.
Und als die Hähne krähten,
Da ward mein Herze wach;
Nun sitz ich hier alleine
Und denke dem Traume nach.
Die Augen schließ ich wieder,
Noch schlägt das Herz so warm.
Wann grünt ihr Blätter am Fenster?
Wann halt ich meine Liebste im Arm?
Bearbeitung / Arrangement: Oliver Augst Turntables: Alexandre Bellenger
Synthesizer: Marcel Daemgen
17 Einsamkeit
Wie eine trübe Wolke
Durch heitre Lüfte geht,
Wenn in der Tanne Wipfel
Ein mattes Lüftchen weht:
So zieh ich meine Straße
Dahin mit trägem Fuß,
Durch helles, frohes Leben,
Einsam und ohne Gruß.
Ach, dass die Luft so ruhig!
Ach, dass die Welt so licht!
Als noch die Stürme tobten,
War ich so elend nicht.
Bearbeitung / Arrangement: Marcel Daemgen
Gitarre und Turntables: Alexandre Bellenger
18 Der Leiermann
Drüben hinterm Dorfe
Steht ein Leiermann,
Und mit starren Fingern
Dreht er was er kann.
Barfuß auf dem Eise
Wankt er hin und her;
Und sein kleiner Teller
Bleibt ihm immer leer.
Keiner mag ihn hören,
Keiner sieht ihn an;
Und die Hunde knurren
Um den alten Mann.
Und er lässt es gehen
Alles, wie es will,
Dreht, und seine Leier
Steht ihm nimmer still.
Wunderlicher Alter,
Soll ich mit dir gehn?
Willst zu meinen Liedern
Deine Leier drehn?
Bearbeitung / Arrangement: Oliver Augst
Instrumentierung: Marcel Daemgen
Booklettext von Frank Kämpfer / DLF
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