AUGST & DAEMGEN (bis 2010 bekannt unter ARBEIT) / seit 1998
Text über "ARBEIT" von Hanno Ehrler (DLF):
Das Lied ist der Pol, um den alles kreist. Mit beinah magischer Kraft zieht
es "ARBEIT" in seinen Bann. Es ist der Ausgangspunkt für
die Projekte, die Arbeitsfläche, auf der sich die kompositorische
Kreativität der Musiker entfaltet, und es dient auch als Matrize für
die Form, in die die musikalischen Ergebnisse eingebettet werden. Der enge
Konnex zu der populären und mit schwerer Tradition behafteten Gattung
bedeutet nun keineswegs, daß die Frankfurter Gruppe sich innerhalb
der Grenzen eines konventionellen, vertrauten oder gar schlicht unterhaltsamen
Terrains bewegt, im Gegenteil. Die Musiker nutzen sämtliche Freiheiten
heutigen Komponierens. Eine davon ist die Möglichkeit, nicht mehr
nur moderne, zeitgenössische Klänge, sondern ganz beliebiges
Material zu verwenden. Das kann dann eben auch ein Volkslied, ein Schlager
oder ein Kunstlied sein, was die Musiker wie ein Zitat einsetzen oder fragmentarisch
und klanglich stark bearbeiten. So öffnet sich der Kontext, in dem
das Lied ursprünglich stand. Nun läßt es neue Deutungen
zu, neue Wege, mit der Liedmelodie, den Harmonien und Rhythmen oder auch
der Anmutung des Stücks zu komponieren.
"ARBEIT" wählen für ihre Projekte ganz bestimmte Bereiche
des Liedguts aus, vornehmlich solche, die ihnen heute wichtig scheinen. Über
Volkslieder beschäftigten sie sich mit dem Begriff "Heimat",
der durch Edgar Reitz´ gleichnamigen Film, durch Patriotismusdebatten
und ähnliches in die Diskussion geraten ist. Unter dem Thema "Marx" spürten
sie sozialistischen Propagandaliedern nach, um ein Dezennium nach dem Fall
der Mauer die zerfallen scheinende Idee des Kommunismus zu reflektieren.
Diesem und auch den anderen Themen haftet ein gesellschaftspolitischer Impetus
an. Die Künstler arbeiten mit dem reaktionären oder progressiven,
dem dogmatischen oder utopischen Gehalt des jeweiligen Liedguts. Sie projizieren
ihn auf die gesellschaftliche Gegenwart und transformieren ihn durch ihre
persönlichen Erfahrungen. So entstand beim "Marx"-Projekt
ein Panorama aus satirischer DDR-Nostalgie, Sozialismuskritik und sentimentalem
Nachsinnen über Utopien der eigenen Jugend, dessen kaleidoskopartige
Vielschichtigkeit in bester aufklärerischer Tradition steht.
Die enge Verbindung zwischen Inhaltlichem und Musikalischem ist das Prinzip
der Arbeit. Die Künstler wählen ein Thema, mit dem sie sich einige
Zeit beschäftigen. Sie recherchieren ausführlich und hantieren,
jeder für sich, am gefundenen Material, an Texten und Klängen.
Ganz individuell erarbeiten sie Variationen, Collagen und Klänge. Das
alles bildet einen Pool, mit dem dann in einem Prozeß des Austauschens
und Improvisierens die "Endprodukte" entwickelt werden. Dabei überschreiten
die Frankfurter Künstler die Grenzen des Werkbegriffs. Ihre Arbeit ist
ein work in progress, bei dem jeder Manifestation, jedem Schritt weitere
Schritte folgen. Dazu nutzen sie ganz unterschiedliche Formen der Realisierung.
Die Musiker von "ARBEIT" bilden eine Gruppe, verstehen sich aber
zugleich als Individuen. Aus diesem Spagat beziehen sie ihre kreative Spannung.
Es gibt Affinitäten in der Klangästhetik, die allen gemeinsam sind,
etwa die ausgiebige, teils exzessive Verwendung von Geräuschen, von
elektronischen Störgeräuschen wie Knistern, Knacken und Rauschen.
Hingegen differieren die Vorlieben für bestimmte Arbeitsweisen und Musikstile,
die von Popmusik über melodischen Gesang bis hin zu radikalen Geräuschexperimenten
reichen und zitathaft eingesetzt werden. In diesem Klang-Arbeitsfeld der
Frankfurter Gruppe brechen die engen Assoziationen, die der Begriff "Lied" zunächst
setzt, auf und weichen einer gegenwärtigen, neuen Formulierung des Genres.
(Hanno Ehrler, DLF)
AUGST & DAEMGEN / seit 1998
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Text über "ARBEIT" von
Hanno Ehrler (DLF)
Text von Bastian Zimmermann (MusikTexte)
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