Das jubilarische Erinnerungsprinzip wird auf die Spitze getrieben: Wir feiern „alle Toten“ des Jahres 1914. Christian Morgenstern und Georg Trakl, Bertha von Suttner und Jean Jaurès, Papst Pius X. und August Macke sind 6 von ungezählten und gezählten Toten dieses Jahres. Der weltgeschichtlich folgenreichste Tote war der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand, dessen Ermordung den Ersten Weltkrieg auslöste.
Zwischen diesen „Jubilaren“ werden Verbindungen aufgezeigt, hergestellt, teils dreist erfunden. Die erste Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner (†1914) trat gegenüber Kaiser Franz Joseph für ein internationales Schiedsgericht sein; jener hatte zuvor von seinem Vetorecht Gebrauch gemacht, um Papst Pius X. (†1914) ins Amt zu hieven, was dieser ihm dankte, indem er nach der Ermordung Franz Ferdinands (†1914) die Kriegserklärung an Serbien unterstützte. Ohne Zweifel leisteten im Weltkrieg die berühmten Druckluftbremsen des Ingenieurs George Westinghouse (†1914) unschätzbare Dienste, für die er seinerzeit erfolglos die Unterstützung des Millionärs Cornelius Vanderbilt erbeten hatte, dessen Enkel George Washington Vanderbilt II. (†1914) das größte private Anwesen der USA erbaute, mit exquisiten Landschaftsgärten, die auch den „Heidedichter“ Hermann Löns (†1914) begeistert hätten, wäre der nicht im Ersten Weltkrieg gestorben (um später sechsmal begraben und wieder ausgebuddelt zu werden) ...
In spielerisch verknüpften biografischen Fragmenten wird das historische Klima ergründet, politisch, sozial, kulturell; Kriegs- und Fortschrittseuphorie, Zukunftsfurcht und Überforderung, nationale Chauvinismen und eine Ahnung von Globalisierung, Expressionismus, Kolonialismus, Pazifismus – und alles läuft auf die „Urkatastrophe“ des Ersten Weltkriegs zu, den Endpunkt der Neuzeit, wie es Egon Friedell bezeichnet.
Konzept und Regie: Augst/Birke 2014