MICHAELA EHINGER SPRICHT SPIELT SPRINGT SINGT KURT
SCHWITTERS / 1989
Presse:
Frankfurter Neue Presse 19. 3.1990Wie Kurt Schwitters im Fluge gezwitschert
wird.
Michaela Ehinger spricht Kurt Schwitters im Frankfurter Mousonturm.- Spitzbübisch
und trotzköpfig gibt sie sich im ausverkauften Saal. Kurt Schwitters,
der Unsinn liebte, weil der künstlerisch bislang so selten geformt
wurde, ist für die Schauspielerin ein Objekt der Begierde, das sie
nur widerstrebend mit dem Zuschauer teilt. Denn sie rezitiert die ausgeklügelten
Formen höheren Blödsinns, als wäre sie alleine, als müsse
es ihr gelingen, diesen begnadeten Nonsens-Dichter lebendig zu machen.
Jede ihrer Bewegungen ist kalkuliert, sie hat trotzdem den Charme von Neuem,
Unverbrauchtem. Wenn sie beim "Obervogelgesang" auf das einzige
Requisit, einen Hocker, steigt und flügelnd die Arme schlägt,
dabei zwitschert und tiriliert, dann wirkt sie professionell wie eine Diva
und zugleich ungeheuer jung und erfrischend. Stark, wie Michaela Ehinger
Schwitters´ Erinnerung an seine Flucht vor den Nazis weitergibt,
während Trauer und Mitgefühl in ihrem Vortrag schwingen. Die
55 Minuten ihrer Hommage vergehen allzu rasch. Herrausragend das kleine
Gedicht für den Stotterer und die Präsentation eines Briefes
von Schwitters an den Dadaisten Arp. Mit ihrem Programm hat Michaela Ehinger
wieder einmal bewiesen, dass sie mehr als nur eine freche Kleine von nebenan
ist. Hadayatullah Hübsch
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