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MEERMENSCHER MEHR / 1998

mehr presse:

Traumverloren in einem Labyrinth zerstückelter Worte
"meermenscher mehr" im Frankfurter Theaterhaus

Ein Mann steht auf der Wand. Schwer ragt sein massiger Körper im orangenen Straßenkehrerdress in das Theater. Ihm gegenüber im unbestuhlten Saal hat sich Oliver Augst mit seinem Musikcomputer aufgebaut. Als Kontrast zu der stillen, lebenden Skulptur des Performance - Künstlers Johan Lorbeer schickt er den zischenden Klang eines Heißluftgebläses in den Raum. Langsam verändert sich der Ton zu dem eines startberiten Flugzeugs, schließlich mündet er in das rhythmische Stampfen einer Dampflokomotive und in zuckendes Wabern, das ohrenbetäubend wird. Hinein in diese Geräusche aus Fabrik- und Baustellenlärm tritt traumverloren plötzlich Michaela Ehinger. Angetan mit einem Ballkleid in samtenem Blau, das sie wie eine Glocke umgibt, steht sie eine Zeitlang regungslos da. Bis ihr, wie aus der Ferne kommend, Worte aus dem Mund fallen. Zerstückelte, verballhornte, zerrissene Worte, die sie monologisch an den "kalten Vater" richtet. Zwischen Wachen und Schlafen, Serben und Leben angesiedelt, beschwört sie mit den ungetümen Buchstabenkonglomeraten die Gegensätzlichkeit von Natur und Innenwelt, öffnet sie ihren privaten Mythos den Zuhörern, voller Widerwillen, Weltekel, Verdruß, Melancholie und Sehnsucht.

Michaela Ehinger ist bekannt für ihre Grenzwanderungen zwischen Schauspiel und Wortkunst. Diesmal hat sie James Joyce und sein Mamutwerk "Finnegans Wake" als Material benutzt. Ihre Zusammenarbeit mit Lorbeer und Augst resultiert aus ihrem Wunsch, die Schauspielerei aus ihren Traditionen zu befreien, im Umgang mit anderen Künsten in der Darstellung Neuland zu suchen. Ein mutiges Unterfangen, das zum Lauschen und Schauen einlädt. Voller Zauber und Magie. Märchenhaft und aufgeklärt zugleich.
Hadayatullah Hübsch FNP


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