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SELBSTBESCHREIBUNG / 2019

Der Titel der ersten Ausstellung von Michael Riedel (*1972) in Leipzig – wo er seit 2017 die Professur für Malerei und Grafik an der Hochschule für Grafik und Buchkunst inne hat ­ – ist das Wort „Selbstbeschreibung“ in phonetischer Schrift.

versammelt in der großen Lichthalle im dritten Obergeschoss die für Michael Riedel typischen grafischen Bildwerke, die nun als Ausgangsmaterial für eine 27-stimmige Klanginstallation dienen, in der die Bilder  lautstark zu Wort kommen. 
Seit Mitte der 1990er Jahre sind die Kommentarbedürftigkeit von Kunst und die in der Folge entstehenden unerschöpfliche Mengen an Textmaterial für Michael Riedel die Quelle, aus der er seine Bildsprache systematisch entwickelt. Von der aufgesetzten Papiertüte mit seinem Namen, die ihn als Künstler hinter der Selbstbeschreibung verschwinden lässt, hin zu zahlreichen Tonaufnahmen, die sein Künstlerdasein aufzeichnen und in Form von umfangreichen Transkriptionen lesbar machen, bis hin zum Überfluss an vorgefertigtem Beschreibungsmaterial, das durch den zunehmenden gesellschaftlichen Mitteilungsbedarf im World Wide Web generiert wird, ist es stets die Selbstbeschreibung des Kunstsystems, die Riedel künstlerisch aufgreift und als Werkereignis wiederholt und kommuniziert. Die Frage, ist das noch Kunst oder lediglich die Beschreibung von Kunst, die es nicht gibt, bleibt offen. Tatsache ist, dass das Riedel-Autonom in den letzten zwanzig Jahren die künstlerische Vorstellung von sich verselbstständigenden Produktionsmechanismen eindrucksvoll verwirklicht hat. 
Bezeichnend für Riedels Arbeitsweise ist seine Poster-Produktion, an deren Beginn die Ankündigung eines Kunstereignisses steht, das sich aber nicht herstellen lässt. Das Poster selbst wird zum Ereignis, für das weitere Poster wiederum Werbung machen. Die Layouts der Poster verarbeiten Textmaterialien, die Riedels Laufbahn im Kunstbetrieb aufzeichnen, abspielen und damit vorantreiben. Mit einfachen Befehlen eines Grafikprogramms werden die Texte durch unterschiedliche Schreibrichtungen, verdoppelte Buchstaben, satzsprengende Vergrößerungen von Schriftzeichen oder alphabetische Sortierungen an den Rand ihrer Lesbarkeit gebracht und in Auflage gedruckt. Zu Poster-Flächen addiert, verliert sich das Einzelposter auch noch im ornamentalen Geflecht. Es entsteht eine Form, die sich aus Formen zusammensetzt und stets, mit dem möglichen Anschluss als Prinzip, die Formgrenzen in vielseitige Übergänge verwandelt.
Michael Riedels vorangegangene Museumsausstellungen haben gezeigt, wie seine Werke angefangen haben mit unterschiedlichen Kompositionsstrategien selbst zu schreiben. Kunste zur Text 2012, CV (Curriculum Vitae) 2017 und Grafik als Ereignis (Die Signetische Zeichnung) 2018 haben  den selbstreferentiellen Informationsgehalt vervielfacht und zu einer künstlerischen Masse anwachsen lassen. Im MdbK beginnen die Bilder nun zu sprechen und die Selbstbeschreibung zu beschreiben:

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Die aus Lautsprechern ertönenden Stimmen sind das gesprochene Textmaterial der ausgestellten Layouts. Aus der Sammlung von Sounddateien, die Riedel mit Hilfe von Reader-Programmen in den letzten Jahren produziert hat, hat der Musiker und Komponist Oliver Augst einen achtstündigen Soundtrack komponiert, der den Rhythmus der visuell ablaufenden Muster akustisch wiedergibt.
Der Kreis schließt sich. Das Layout der Bildflächen speichert nicht mehr als grafisches Ereignis die Geräuschkulissen des Betriebssystems Kunst, sondern erzeugt selbst den Diskurs-Sound, der für neue Werkserien herangezogen werden kann. Eine Kunst der Gesellschaft, die sich der Selbstbeschreibung verschrieben hat.
Die Ausstellung wird gefördert durch die Kulturstiftung des Freistaates Sachsen. Diese Maßnahme wird mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes.
Marcus Hurttig

 

 

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